Ein Brief von Bobby van den Berg
“Der Artikel von Vera Osterheld hat gutgetan und mich inspiriert Rückschau zu halten und über meine Erfahrungen 1955, 1956 und 1957 zu berichten. Leider kann ich nicht zeichnen, wohl aber einige Fotos mitschicken, falls sie einsetzbar sind.„
In dem Jahr, wo der Bauorden 70 geworden ist, hat Vera Osterheld einen eindrucksvollen Bericht über ihre Erfahrungen geschrieben und ihn mit ihren Zeichnungen bereichert. Mich hat es angespornt zurückzuschauen auf die Bilder und Erfahrungen aus der Anfangszeit des Bauordens.
Ein Studienkollege hat uns über den Start des Bauordens berichtet und unter den Kollegen für einen Einsatz im Jahr 1955 gewerben. Wir wurden mit einem Bus über die noch stark zerstörte Stadt Würzburg nach Seckach gefahren, wo durch die Initiative des Ortspfarrers ein Jugenddorf aufgebaut wurde. Dort fanden Flüchtlingskinder eine Heimat. Das Dorf heißt Klinge und besteht noch immer. In der Zeit unseres Einsatzes waren die Flüchtlingskinder irgendwo in Urlaub und deren Plätze eingenommen von Kindern aus den Städten, Bonn. Essen. Köln und Dortmund, die Stärkung brauchten. Wir, 18 Studenten, ohne Ahnung vom Bau, mußten mit unseren zarten Händen in steinreicher Erde Keller ausschachten, denn es sollten Wohnungen Lehrpersonal entstehen.
Abends trafen wir uns in einem Arenaähnlichen Gebilde mit den Stadtkindern und deren Betreuern, sangen und spielten gemeinsam. Da die Bauordensleute aus verschiedenen Ländern stammten, klangen Lieder in mehreren Sprachen. Es entstanden Freundschaften, die bis heute halten.
Lange währte der Einsatz in Klinge nicht, denn wir wurden bedrängt nach Waldkappel zu kommen. Dort in in Hessen war das sogenannte Katholikenstagdorf in Angriff genommen worden. Es sollte dort ein Keller betoniert und eingesegnet werden mit illusteren Gästen wie dem Speckpater, Werenfried van Straeten, Abbé Pierre aus Paris, der dort die Emmausbewegung ins Leben gerufen hatte, dem späteren Bischof von Essen, Friedhelm Hangstbach, und Regierungsvertretern. Da eine Bauordengruppe ihr Kommen abgesagt hatte, durften wir einspringen, den Keller herstellen und vom Gründer des Bauordens einsegnen lassen. Auch hier herrschte abends Kontaktfreude mit den Flüchtlingsfamilien, die noch in Baracken hausten. Mit einem Paar wurde Hochzeit gefeiert und mit anderen Kontakte geknüpft, die heute noch gelten.
Auf dem Heinweg sind wir, einige Wenigen, an der Autobahn, Nähe Köln, ausgestiegen und angeregt von spanischen Kollegen per Anhalter nach Köln gekommen. Dort haben wir während des Katholikentags für den Bau des Dorfes in Waldkappel gesammelt.
Begeistert durch die spannende Einsätze haben 10 Kommilitone die Osterferien genutzt um in Oldenburg-Bümmerstede 1956 ihre Kräfte zu verschleudern. Die Arbeitsgruppe war international, das Gespräch am Tisch radebrechend und lustig, was intern bleiben sollte, wurde in Dialekt geäußert. Über die Gruppe hinaus florierten die Kontakte mit den Dorfbewohnern.
Nach dem Sonntagsausflug in Bremen wurde auf dem Heimweg unser Bus angehalten. Freundlich bat die Polizei kurz auszusteigen und die schöne Aschenbecher mit den Bremer Stadtmusikanten auf die Sitze zu legen. So wurde ein möglicher Konflikt gerecht und friedlich gelöst.
Im Monat Juli trafen wir ein in der Nordendsiedlung der Stadt Worms, wo an einer Siedlung gebaut wurde. Uns, die wir bautechnisch immer noch wenig Ahnung hatten, blieb wieder das Ausschachten von Kellern, das Abladen von Steinen, das Ausheben von Gräben und die Arbeit am Betonmischer. Blasen an den Händen gab es immer weniger. Abends lud die geschichtsträchtige Stadt mehrmals zum Besuch und einmal zum traditionellen Sommerfest. Anhaltend blieben die Kontakte mit der anderen Arbeitsgruppe aus Mönchengladbach.
Im September bin ich allein nach Caen in Frankreich gefahren. Dort durfte ich meine Schwester besuchen, die dort nach 11 Jahren Arbeit in Indonesien ein Studienjahr begonnen hatte. Und ich durfte meinem Vater begegnen, der als Vorsitzender des Athletikvereins AV 34 die Läufer betreute, die den Staffellauf Caen-Maastricht über viele Tage bewältigten um der Befreiung von den Nazis zu gedenken.
Der rest war - wie es sich gehört - kräftige Arbeit an einem Gemeindezentrum, abends oft langgezogene Mahlzeiten in den Arbeiterfamilien. Bei Franzosen geht es nicht um Hunger stillen, sondern um Zusammensein bei leckeren Happen und Schoppen Wein. Am Ende des Einsatzes wurde ich von einem Freund eingeladen ihm bei seinem Parisbesuch zu begleiten. Geld gab es kaum. Rückreise war ungesichert, eine mögliche Bleibe nicht gesichert. Das Wagnis hat sich gelohnt über vier Tage und für 40, - DM.
In Februar 1957 gab es eine letzte persönliche Bauordenphase. Sie führte mich wieder in die Nordendsiedlung bei Worms. Ich war Gast in einer Familie und arbeitete nach Weisung vom Jakob, dem Poliers.
Bobby van den Berg geboren Maastricht, 1932
Hier sind einige Fotos von seinem Abenteuer
1955 August, Jugenddorf Klinge bei Seckach
Begegnung mit dem Gründer des Bauordens in Katholikentagsdorf im Waldkappal, 1955 August
Sommer 1956, Nordendsiedlung Worms
Osterzeit ‘56 Oldenburg Bümmerstede. Am Tisch : Spanien, Deutschland, Niederlande, Belgien, Deutschland O.
Grafendorf
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